Mit der E-PM1 in Afghanistan (Teil 2)

Der vorerst letzte Tag meines Aufenthalts in Kabul endete mit einem Knall.

Nämlich dem Aufschlag der E-PM1 auf der Betondecke einer Kabuler Seitengasse. Durch einen Schubs von hinten aus der Hand befördert, prallte die Kit-Kombination (Body + 14-42 II R) aus knapp einem Meter Höhe auf und schlitterte weiter. Noch jetzt wird mir ganz flau, wenn ich an dieses scheppernde Geräusch denke…

Mit geringen Erwartungen hob ich die Pen wieder auf und war zunächst erstaunt: Nur ein paar Kratzer unten am Gehäuse und zwei Einkerbungen am Kit-Zoom. Überraschenderweise funktionierten nach dem Einschalten auch Zoommechanik und AF wie vorher. Mein erstes Aufatmen wurde allerdings durch das langanhaltend ratternde Geräusch beim Anschalten und das blinkende IS-Symbol geschmälert – hier war wohl doch mehr passiert.

Das Abschrauben des Objektivs brachte Gewissheit: die Sensoraufhängung war so lädiert, dass der Sensor nunmehr um rund 10° schief hinter dem Bajonett hing. Klar, dass da kein Bildstabi mehr funktionieren kann…

Glück im Unglück: die unverändert lotrechte Sensorebene. Also war ab jetzt lediglich eine ruhigere Hand und ein linkslastiges Schiefhalten der Kamera gefordert, um – Gott sei Dank – eine tadellose Bildqualität zu erhalten!

Zufällig hat mich freundlicherweise ein Fachkollege in dieser Schieflage abgelichtet:

© Wolfram R. Bauer, Berlin [mit einer Panasonic GH2]

Mit dieser Hypothek flog ich also am 8.Oktober über den Hindukusch nach Mazar-i Sharif – und vergaß das Kameraproblem angesichts der gigantischen Motive ziemlich schnell.

Die Provinzhauptstadt Mazar-i Sharif, mit über 400.000 Einwohnern die viertgrößte Stadt Afghanistans, ist nämlich faszinierend gelegen: Die im Süden steil auf knapp 2.000 Meter aufsteigenden Berge verleihen der selbst nur auf 350 m Meereshöhe gelegenen Region ein tolles Panorama.


Das zeitverlorene Flair in großen Teilen des Flughafengeländes (auf den modernen Bereich komme ich am Schluss) gibt einen malerischen Blickfang ab – vor dieser Kulisse!

Nicht so schön in dieser Region ist der allgegenwärtige Staub. Okay, es ist hier wenigstens – nicht wie in Kabul mit seinem augenreizenden Fäkalstaub – ein relativ „reiner“ Staub. Trotzdem nervt er. Viele Afghanen tun daher das einzig Richtige, wenn sie ihr Gesicht mit schützenden Tüchern verhüllen, und damit meine ich jetzt nicht nur die Frauen…


Hier quälte sich unser Fahrzeugkonvoi gerade durch den aufgewirbelten Staub zum “Camp Marmal“ (Schutzwände im Hintergrund), der derzeitigen Heimstätte vieler deutscher Soldaten. Aus Sicherheitsgründen kommen nur 80-90% der im Lager Lebenden - so sagte man uns vor Ort - während ihrer monatelangen Aufenthalte überhaupt jemals aus dem Camp heraus. Das Bergpanorama entschädigt zwar für vieles, aber es ist wirklich jammerschade, wenn man beispielsweise nicht einmal einen Blick in die belebten Straßen von Mazar-i Sharif werfen kann – und sei es durch eine Panzerglasscheibe.


Beispiel: In vielen Seitenstrassen begegnet man Kindern, die frisches Wasser aus einem öffentlichen Brunnen in schweren Kanistern nach Hause befördern – das ist hier durchaus eine übliche Kinder-Pflichtaufgabe. Jeder so viel, wie er kann…

Ein weiterer Schnappschuss mit dem Kit-Zoom durch die Autoscheibe:

Im Hintergrund kann man hier schon die „Blaue Moschee“ erkennen, das religiöse Zentrum der bedeutendsten Wallfahrtsstätte Afghanistans. Daher auch die bevorzugt traditionelle Kleidung der Leute und die vielen gelb-weißen Taxis (alles aus Pakistan eingeführte Toyota Corolla).

An einem Abend hatten wir Gelegenheit, auf das innere Gelände der Blauen Moschee zu kommen. Sie beheimatet eines von drei (!) weltweit existierenden Gräbern Alis (Vetter und Schwiegersohn des Propheten Mohammad) – aber natürlich das einzig wahre.

So eine heilige Stätte betritt man im Islam niemals mit Schuhen – die qualmenden Treter werden gleich an der Pforte der Obhut eines freundlichen Schuhwächters übergeben:


Schon nach wenigen Metern steht man dann vor dem Grabmal. Unter dem Iwan-Gewölbe und an der goldenen Tür trauern und beten hier die Gläubigen.


An dieser Stelle muss ich natürlich Farbe bekennen, dass ich mir als Ultraweitwinkel-Fan doch nicht hatte verkneifen können, das FT-Fisheye samt MMF-Adapter noch in die Phototasche zu packen. Trotz Gewicht und Volumen. Hier kam es nun zum Einsatz. Aus der Hand waren immerhin mit 800 ISO und Offenblende 1/3.5 scharfe Aufnahmen möglich.

Nur bei diesem 180°-Bildwinkel des Fisheyes übrigens waren in den äußersten Bildecken der Originaldaten schmale schwarze Randanschnitte auf dem Bild – einzige qualitätsrelevante Folge der verdrehten Sensorfläche. Aber solche Ränder kann man ja bei der Aufnahme einberechnen und später abschneiden, wie hier geschehen…

Kurz vor dem Ende der Reise hier noch das schicke neue Flughafengebäude von Mazar-i Sharif, was dank großzügiger deutscher Finanzhilfe und Planung derzeit kurz vor der Fertigstellung steht:


Dieses „Leuchtturmprojekt“ wird von den Afghanen als ausdrucksstarkes Zeichen der deutsch-afghanischen Freundschaft wahrgenommen – ja, wir Deutschen haben beim afghanischen Volk einen exzellenten Leumund!

Die luftige, geschwungene Architektur setzt sich auch im modernen Innern fort. Auch wenn die deutschen Piktogramme schon wirken wie aus einer anderen Welt...


Nach sechs Reisetagen und unzähligen Geschäftsterminen ging es über Kabul und Istanbul wieder zurück in die Heimat.
Mit rund 400 eindrücklichen Bildern im Gepäck.

Fazit

Diese Reise wird nicht zuletzt auch dank der E-PM1, die ihren Zweck prächtig erfüllt hat, in guter und lebendiger Erinnerung bleiben.
In Zukunft wird mich in Afghanistan und Nachbarstaaten sogar grundsätzlich eine E-PM1 begleiten – denn nach meiner Rückkehr ging kein Weg daran vorbei: Bei den derzeitigen Schleuderpreisen von teils unter 200€ musste ich mir das Auslaufmodell einfach noch schnell anschaffen.

Abschliessend geht ein großer Dank an Olympus für die sehr hilfreiche Unterstützung sowie die unbürokratische Regulierung des Kameraschadens!

Ulf alias Durbin